20. Dezember 2021 

Ein Zeichen gegen den heutigen Antisemitismus! Zwei neue Stolpersteine für Eleonore und Elisabeth Rosenthal

Foto der Stoplersteine

Am Montag, dem 20. Dezember 2021, wurden auf Initiative einer Gruppe von Schülerinnen und Schülern der Fritz-Karsen-Schule und dem Museum Neukölln vor der ehemaligen Wohnung von Eleonore und Elisabeth Rosenthal in der Buschkrugallee 250a zwei Stolpersteine verlegt.
Nachdem der Ingenieur Heino Rosenthal eine Arbeitsstelle in Moskau angenommen hatte, zogen die in Deutschland verbliebene Ehefrau mit ihrer gemeinsamen Tochter 1933 in die Hufeisensiedlung. Kurz nach ihrem Einzug bekamen die beiden Jüdinnen hautnah den nationalsozialistischen Terror zu spüren. Der mit der Familie befreundete antifaschistische Dichter Erich Mühsam wurde abgeholt und in Haft genommen. Seine Frau Zenzl suchte bei Eleonore Trost und Schutz. So erfuhr Elisabeth schon mit fünf Jahren, was es mit einem Konzentrationslager auf sich hatte.

Eleonore und Heino Rosenthal

Auch lernte sie sehr früh, dass in dieser Zeit Schweigen nicht nur Gold, sondern auch Leben Wert war. Versteckte doch ihre Mutter, obwohl selbst drangsaliert, die Frau des untergetauchten Kommunisten Friedrich Grünberg und deren Kinder über einen längeren Zeitraum in ihrer Wohnung. Während die Mutter sich mit Kurzzeittätigkeiten und gelegentlichen Spenden der „Roten Hilfe” durchschlagen musste, bekam Elisabeth zunehmend den wachsenden Antisemitismus in ihrer Schulklasse zu spüren.

Elisabeth (links) und Hannah. ca. 1937

Lediglich ihre von den Nazis als „Halbjüdin” deklarierte Freundin Hannah Schmelzer (Familie Schmelzer gelang 1939 die Emigration nach England) sowie die Tochter der nichtjüdischen Familie Krause, Käthe Krause, hielten zu ihr. Vor allem Familie Krause unterstützte die beiden Rosenthals, wo sie nur konnte. Schließlich gelang es Eleonore, ihre Tochter 1939 mit einem Kindertransport nach England zu schicken. Sie selbst folgte kurze Zeit später. Eleonore Rosenthal ist 1996 in England verstorben, ohne dass sie Berlin jemals wiedergesehen hat. 2019 starb auch Elisabeth Rosenthal. Sie hat nicht nur ihr Leben lang mit ihrer Freundin Käthe und deren Familie in enger Brieffreundschaft gestanden, sondern 2013 im Rahmen der Ausstellung des Museums Neukölln Das Ende der Idylle? Hufeisen- und Krugpfuhlsiedlung in Britz vor und nach 1933 ihre jüngere Freundin Hannah Schmelzer wiedergetroffen.
Die Erinnerung an Ausplünderung, Unterdrückung und Verfolgung, an die Vernichtung jüdischen Lebens an allen Orten, an denen faschistische Herrschaft wütete, darf in der heutigen Zeit nicht verloren gehen. Wenn Menschen, wie in jüngster Zeit in Berlin und auch in der Hufeisensiedlung geschehen, wegen des Tragens oder Zeigens religiöser Symbole des Judentums tätlich angegriffen oder bedroht werden, wenn Verschwörungserzählungen von „jüdischen Drahtziehern und Raffenden” im Zusammenhang mit den Demonstrationen gegen Corona-Infektionsschutzmaßnahmen die Runde machen,

Besucher der Veranstaltung

dann verweist die Erinnerung an den faschistischen Antisemitismus darauf, dass die Grenze von Toleranz nicht nur erreicht, sondern längst überschritten ist.
Die 70 Anwesenden klatschen immer wieder Beifall, wenn die Schülerinnen und Schüler der Fritz-Karsen-Schule sowie die Redner*innen des Museums Neukölln und aus der Bezirkspolitik die Stolpersteinverlegung nicht nur als Erinnerung an die Schrecken der nationalsozialistischen Vergangenheit, sondern auch als Aufforderung zum Handeln in der Gegenwart bezeichneten. So stand am Ende der Würdigung der beiden jüdischen Frauen die Forderung an die Anwesenden:

Gemeinsam gegen jeglichen Antisemitismus!

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